Studie zu Breitband-Ausbau„Glasfaser für alle“ verzögert sich

Laut einer Studie verzögert sich das Vorhaben der Bundesregierung, bis 2030 alle deutschen Haushalte mit Glasfaser zu versorgen. Faktoren seien Schwierigkeiten beim Ausbau auf dem Land und eine Telekom, die ihre Marktmacht missbraucht, um den Ausbau der Konkurrenz zu verlangsamen.

Ein paar Lan-Kabel hängen herab.
Glasfaserleitungen ermöglichen deutlich schnelleres Internet als herkömmliche Kupferleitungen. Der Ausbau scheint sich laut einer Studie allerdings zu verlangsamen. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO

Mit dem Bruch der Ampelregierung platzen wohl auch viele Gesetzesvorhaben, die sie sich für das knappe Jahr bis zur nächsten regulären Bundestagswahl vorgenommen hatte. Auch die Umsetzung bereits beschlossener Gesetze steht auf der Kippe. So zum Beispiel der in der Gigabitstrategie geregelte flächendeckende Glasfaser-Ausbau bis 2030. Doch eine vor dem Aus der Koalition erschienene Studie prognostizierte bereits, dass die Bundesregierung ihre Ausbau-Ziele verfehlen würde.

„Glasfaser für alle“ bis 2030 nahm sich die Bundesregierung 2022 in ihrer Gigabitstrategie vor. Eine vom Breitbandverband Anga veranlasste und von der Beratungsfirma Goldmedia durchgeführte Studie sieht dieses Ziel jedoch als unerreichbar. Demnach könne man frühestens 2034 mit einem flächendeckenden Glasfaser-Ausbau rechnen. In diesem Modell geht es jedoch nicht mal um die tatsächliche Möglichkeit eines Anschlusses, sondern um „Homes Passed“: Haushalte gelten bereits dann als mit Glasfaser versorgt, wenn das Kabel in der Nähe verlegt wurde.

2023 lag der Anteil der mit Glasfaser erschlossenen Haushalte zwischen 37 und 40 Prozent, basierend auf „Homes Passed“. Um bis 2030 eine vollständige Versorgung zu erreichen, müssten innerhalb der nächsten sieben Jahre rund 28 Millionen Haushalte hinzukommen, rechnet die Beratungsfirma Goldmedia. Das wären im Schnitt 4 Millionen Haushalte pro Jahr. Diese Zahl scheint zwar nicht unerreichbar – 2023 kamen 3,2 Millionen Haushalten ans Netz. Laut der Studie hätten ausbauende Unternehmen zuletzt allerdings ein langsameres Wachstum und eine Verfehlung des 100-Prozent-Ziels prognostiziert.

Gründe für den verlangsamten Ausbau

Einen Grund dafür identifiziert die Studie darin, dass sich der Großteil der noch mit Glasfaser zu erreichenden Haushalte auf dem Land fernab von den Ballungsgebieten befindet. Die für das Verlegen der Kabel notwendigen Tiefbauarbeiten erfolgen hier über längere Strecken und dauern deshalb auch länger. Außerdem gibt es auf dem Land weniger Mehrfamilienhäuser. Um die gleiche Anzahl an Menschen mit Glasfaser zu erreichen, müssten die Unternehmen hier doppelt so viele Gebäude erschließen wie in der Stadt.

Ein weiterer Faktor sei die Marktmacht der Deutschen Telekom. Ein Großteil des Glasfaser-Ausbaus wird von Telekom-Konkurrenten getragen. Der Ex-Monopolist kontrolliert allerdings das Kupfernetz, das mit der DSL-Technik immer noch die wichtigste Zugangstechnologie zum Internet ist. Mit dieser Macht würde die Telekom laut der Studie den Glasfaser-Ausbau der Konkurrenz blockieren.

Aus der Studie geht hervor, dass sich Glasfaser in Gebieten, in denen nur ein Netz wirtschaftlich ist, aufgrund des höheren Preises nicht gegen DSL durchsetzen kann. Aus Sicht der Telekom gäbe es allerdings kein wirtschaftliches Interesse, ihr Kupfernetz abzuschalten und anderen Firmen den Glasfaserausbau zu ermöglichen. Um der Telekom den Fuß von der Bremse zu nehmen, fordert der Breitbandverband Anga die Bundesnetzagentur auf, die Migration von Kupfer zu Glas wettbewerbsneutral zu gestalten. Die Mindestanforderung: Die Telekom müsse ihr Kupfernetz gleichteilig in ihren eigenen sowie in Gebieten der Konkurrenz abschalten.

Viele Fragen offen

Dass der Glasfaser-Ausbau schleppend vorangeht, war bereits klar nachdem die Bundesregierung Mitte Oktober ihren Fortschrittsbericht zur Gigabitstrategie vorgestellt hatte. Hinter viel Selbstbeweihräucherung zeichnete sich darin ein Bild von einem Vorhaben ab, bei dem viele Fragen noch offen sind. Wie man von einer bloßen Verlegung der Kabel, also „Homes Passed“, zu flächendeckenden „Inhouse“-Anschlüssen für jeden Haushalt kommt, bleibt beispielsweise unklar.

Neben dem Vorhaben „Glasfaser für alle“ bis 2030 wollte die Bundesregierung bis Ende 2025 das Zwischenziel „Glasfaser für die Hälfte“ erreichen. Mitte Oktober zeigte sich Digitalminister Volker Wissing, damals noch FDP, optimistisch: „Unser Zwischenziel, bis Ende 2025 jedem zweiten Haushalt einen Glasfaseranschluss zu ermöglichen, werden wir aller Voraussicht nach erreichen.“ Ob sein Optimismus anhalten und das Ziel nächstes Jahr erreicht wird, ist offen. Wissing bleibt auch nach dem Ende der Ampel Digitalminister und Teil der Minderheitsregierung von Bundeskanzler Olaf Scholz. Er ist mittlerweile aus der FDP ausgetreten.

1 Ergänzungen

  1. Ein sehr guter Text, welcher einem den aktuellen Fortschritt des Bildungsmangels darlegt. Die Krönung ist die Logik der „Homes Passed“-Anschlüsse: Haushalte gelten bereits dann als mit Glasfaser versorgt, wenn das Kabel in der Nähe verlegt wurde.
    Was soll das denn? Welcher realitätsferne Honk hat sich so etwas ausgedacht? Was ist der nächste Schritt, „paper passed“? Die auf dem Papier geplanten Anschlüsse gelten als mit Glasfaser versorgt? Oder „brain passed“, die angedachten Anschlüsse gelten als mit Glasfaser versorgt.
    Wenn ich hier mal so in meiner Gegend schaue (Umgebung Leipzig), können etwa 2% der Menschen über einen real anliegenden Glasfaseranschluss ins Internet gehen. Wenn’s so weiter geht, schafft die Regierung vielleicht 30% an funktionsfähigen Glasfaseranschlüssen, dann ist die Technik veraltet. Im 22. Jahrhundert setzt dann wohl niemand mehr Glasfaser ein.
    Ich würde den Parteien auch empfehlen, diese Thema nicht im Bundestagswahlkamp zu erwähnen – das geht definitv nach hinten los. Viel Erfolg weiterhin!

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